Es ist Montagabend. Eben komme ich nach Hause zurück. Ein ereignisreicher Tag fädelt aus. Langsam. Doch noch nicht ganz. Da ist noch unsere Blog-Challenge. Übers Wochenende habe ich mich mit einem Blog zufrieden gegeben. Es hat nicht für mehr gereicht. Auch gut. Und heute? Ich schaue zurück auf den Tag - und riskiere einen Blick in unseren Slack-Channel, wo wir alle unsere Blogs veröffentlichen. Wow! Da ist etwas zusammengekommen. Lesen? Nein, das würde mich jetzt zu sehr von meinem Vorhaben ablenken. Oder doch lesen? Der Gwunder sticht mich. Spannende Titel wie “Rezept zum Lernen”, “selber”, “im Dialog mit der KI”, ”Herausforderung”, “Dachrinnenreinigung”  “Mut sich zu zeigen” und so weiter und so fort machen es mir nicht leicht, mich auf meinen Text zu konzentrieren. Wie schaffe ich das? Oder soll ich doch dem Gwunder nachgeben und lesen, was die anderen geschrieben haben. Jetzt? Später? Lässt sich vielleicht aus dem von anderen Geschriebenen ein Text und ein Dialog spinnen? 

Gedankengang zum GedankenGang

Mhhh. Ich bin hin und her gerissen. Ich kann mich nicht entscheiden. Was jetzt? Ich habe mir eine Stunde gegeben. Was tun? Okay. Worüber hättest du denn vorgehabt, zu schreiben? Mist. Stimmt. Auch bei dieser Frage bin ich entscheidungsoffen. Ich habe Ideen. Vorgestern war ich nach Wochen mal wieder auf einer längeren Wanderung. Gut 25 km waren ein Freund und ich unterwegs durchs schöne Emmental. Von Huttwil nach Burgdorf. Hat gut getan. Nach gesundheitlichen Problemen im Sommer, war ich mir nicht so sicher, ob ich die Strecke ohne Beschwerden würde bewältigen können. Es ging. Und wie! Keine Probleme, grosse Freude und eine schöne Portion Genugtuung. Was für ein Tag!  Auch das Wetter spielte mit. Herbstlich, die Luft frisch, leichte Nebel in den Hängen, die Sonne, die da und dort durch schien, Wald und Weg, abgedeckt von einer Laubdecke, die den Weg stellenweise glitschig und gefährlich machte. 

Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen, mein Freund und ich, waren jedoch in den letzten Jahren bereits kreuz und quer auf zig Etappen durch die Schweiz gewandert. Wir kennen uns. So hatten wir rasch unser Tempo gefunden. Und wir versanken in einem spannenden Austausch zu unterschiedlichsten Themen. Bildung, Fussball, Coaching, Politik usw. Alles Themenbereiche, in denen wir uns lange Jahre zum Teil gemeinsam bewegt haben, die uns nach wie vor inspirieren. Beispiele gefällig?

Ist der Lehrkräftemangel nun ein Fluch oder ein Segen. Ein Segen! Sehen wir beide so. Blutauffrischung, Mindsetauffrischung, quere Ideen, so nach dem Motto: 

Er hat als Schulleiter-Quereinsteiger auf Zeit die Probe aufs Exempel gemacht und im Sommer drei Berufsleute eingestellt, die keine pädagogische Ausbildung haben. Es funktioniert. Verlangt ist jedoch eine Schulleitung, die ein sorgfältiges Onboarding sicherstellen kann und imstande ist, Teamprozesse zu moderieren. Gute Integration geschieht auch hier nicht zufällig, Inklusion schon gar nicht. 

Der frische Wind, den die top motivierten Quereinsteiger:innen ins Kollegium bringen, kann alte Segel arg flattern lassen. Macht nicht nur gute Stimmung. Es ist zu hoffen, dass möglichst viele Kollegien, die auf diese Weise hinterfragt werden, nicht gleich die Segel streichen oder demonstrativ in die andere Richtung rudern. 

WM in Katar. Wenigstens persönlich boykottieren, oder nicht? Der Fall ist klar. Wenn man die leidvolle, im FIFA-Korruptionssumpf watende, für viele Arbeiter erniedrigende oder gar tödliche Geschichte verfolgt hat, kann man auch als Fussballfan einem solchen Anlass einfach nicht beiwohnen, weder in einem hingeklotzten Stadion irgendwo draussen in der Wüste noch zu Hause auf dem Sofa. Wann spielen die Schweizer? Gegen wen? Keine Ahnung. Es interessiert mich nicht. Die WM wird an mir vorüber ziehen wir Olympia in Peking. Ohne Bild und Ton. Da schaue ich mir lieber Spiele der regionalen Ligen oder Juniorenspiele mit begeisterten Kindern und Jugendlichen an. 

Interessant. Nun habe ich nicht nur die Idee kurz vorgestellt, sondern gleich mehr an Überlegungen und Gedanken hinterher geschickt. Auch gut. Weitere Ideen? Noch eine. Dann ist Schluss. Dann lese ich noch den einen oder anderen Blog von anderen Colearner:innen. 

Coaching als dialogischer Gedankengang

Ich hatte heute zum ersten Mal seit längerem mal wieder ein Coaching. Eines der speziellen Art. Berührend, beglückend, unterhaltsam, mit Tiefgang. Der Coachee war mein Sohn. Mitte dreissig, Familienvater und Nachwuchsverantwortlicher und Trainer beim FC Thun. In den gemeinsamen Herbstferien in Spanien kamen wir in Gesprächen immer wieder auf die Herausforderungen des täglichen Lebens zu sprechen. Es war früher, es ist heute nicht einfach, alle Erwartungen, Bedürfnisse und Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Es entstand die Idee, eine Art Standortbestimmung zu machen. Nicht nur im Sinn von “Was war, was ist und was kann noch werden?”, sondern mit einem starken Fokus auf gemachte Learnings und noch zu machende. Es war toll. Über drei Stunden waren wir im Dialog, haben dazu ein Banner mit Erkenntnissen, Einschätzungen, Beobachtungen, Gefühlen, Stimmungen, Absichten und neuen Fragen gefüllt. Eine Landkarte von Gedankengängen, Lernerfahrungen und Zielsetzungen. Ich war der Journalist, der Fragesteller, der Nachfrager, mein Sohn der Fährtenleger, Geschichtenerzähler und Problemsteller. 

Eine Auslegeordnung ist entstanden, ohne Wertung. Eine Grundlage, um sich in einer herausfordernden Situation orientieren und hinterfragen zu können. Ohne Druck, ohne Erwartungen. Zur Umsetzung sind erste Schritte definiert. Weitere werden folgen. Ein nächster Lerndialog auch. Wenn die Zeit reif ist.