Der Atlantik ruft – Paris und Biarritz

Ein Anfang in Paris

Lange plane ich diese Reise schon: Drei Monate unterwegs, entlang des Atlantiks und dann rüber auf die Kanarischen Inseln. Mein ständig wiederkehrendes Kranksein im letzten Winter lässt diesen schon länger gehegten Wunsch immer klarer werden. Unterwegs sein, frische Luft, Meer und später Wärme. Das ist das Ziel. Und gesund bleiben. Frankreich, Spanien und Portugal sind die ersten Stationen. Die Küsten erleben, den Winter durchbrechen, irgendwo zwischen den Wellen und Orten, die ich schon lange mal besuchen wollte. Paris ist der erste Schritt – eine Gelegenheit, die Reise gemeinsam mit Prisca, meiner Partnerin, zu beginnen, bevor ich die nächsten Etappen allein angehe.

Die Stadt empfängt uns mit klarer Dezemberluft und vielen Leuten in den Metros, Strassen und Gassen. Als wir aus dem Untergrund auftauchen, begrüsst uns das Viertel Montparnasse im vorweihnachtlichen Lichterzauber. Wir haben Glück und finden in der Nähe des Hotels in einer Seitengasse ein kleines Bistro mit einem noch freien Tisch. Freitagabend, Ankommen, Geniessen. Das Essen ist köstlich, der Wein nicht weniger. Es ist einer dieser Abende, die man sich nicht besser wünschen könnte.

Am ersten Morgen starten wir mit einem Spaziergang entlang der Seine. Wir beobachten, wie die Stadt erwacht – die ersten Boote auf dem Wasser, Jogger auf den Quais, Touristen, die sich an ihre Kaffeebecher klammern. Wir lassen uns einfach treiben, durchstreifen das Quartier Latin und die Île de la Cité mit der nach dem verheerenden Brand wiedererstandenen Kathedrale Notre Dame. Ein erstes Ziel ist das Centre Georges Pompidou, doch die Menge an Touristen überrascht uns. Langes Anstehen? Nichts für uns. Wir setzen unseren Spaziergang fort, der sich allmählich zu einer Wanderung entwickelt.

Wir durchqueren das Quartier Marais und steuern schließlich die Basilique du Sacré-Cœur auf dem Montmartre an. Die Treppen hoch sind ein kleiner Kraftakt, doch der Blick über die Dächer der Stadt macht alles wett. Der Eiffelturm glitzert in der Ferne, und in diesem Moment fühlt sich alles so leicht an.

Es ist schön, Paris zu Fuss zu entdecken. Und schön, das mit jemandem zu tun, der sich genauso an kleinen Dingen und alltäglichen Szenen und Bildern erfreuen kann. Zwei Tage laufen wir durch die Stadt, nehmen die Metro, wenn die Entfernungen zu gross werden. Immer wieder finden wir Ecken und Orte, wo sich uns Paris auf seine ganz spezielle Weise zeigt. Zum Beispiel in einer Strasse, die vom Stoffgewerbe geprägt ist. Viele Geschäfte, ein riesiges Angebot. Am Ende landen wir in einem Stoffmarkt, der sich über mehrere Etagen erstreckt und eine schier unendliche Auswahl an Stoffen bietet. Huch! So etwas habe ich noch nie gesehen.

Am Sonntag führt uns unser Weg ins Louis Vuitton Museum. Die Architektur beeindruckt sofort. Das Gebäude, mit seinen segelartigen Dächern, wirkt fast wie ein Schiff, das bereit ist, loszufahren. Eine spannende Konstruktion aus Stahl, Holz und Glas, gestaltet von Frank Gehry, dem weltberühmten Architekten. Er ist bekannt für seine dekonstruktivistische Architektur, sichtbar etwa auch beim LUMA in Arles oder dem Guggenheim-Museum in Bilbao – beide habe ich auf früheren Reisen besucht. Das Museum zeigt Skizzen von ihm aus der Entstehungszeit des Gebäudes: wild, chaotisch, und doch ist das spätere Werk irgendwie schon erkennbar. Faszinierend. Die aktuelle Ausstellung, “Pop Forever, Tom Wesselmann &..“, ist ebenfalls ein Volltreffer. Ich liebe die Pop Art und kann mich an den 150 Exponaten von Wesselmann und weiteren 70 Künstler:innen kaum sattsehen. Natürlich darf auch die ikonische Marilyn Monroe von Andy Warhol nicht fehlen. Bingo! Ein echtes Highlight.

Und dann? Prisca schlägt vor, ins Palais de Tokyo zu gehen. Der Kontrast könnte kaum grösser sein: Ein Kunst- und Kulturtempel der anderen Art, mit zeitgenössischer Kunst in einem neoklassizistischen Gebäude. Der Stil? Eher roh, brutalistisch, voller mystischer, geheimnisvoller Räume und Geschichten. Besonders beeindruckt mich ein gigantisches Wandbild: fünf Meter hoch und sicher 50 Meter lang. Eine Collage auf dem Hintergrund geografischer Karten, bestehend aus unzähligen Fotomontagen zu Briefmarken, Banknoten, Drucken. Genial. Es ist das Werk von Malala Andrialavidrazanas – ein Name, der auf der Zunge vergeht, genau wie ihre Kunst.

Am Montagmittag kommt der Moment des Abschieds. Prisca fährt zurück in die Schweiz, und für mich geht es endlich los – in die entgegengesetzte Richtung. Der Atlantik ruft. Mit hohem Tempo geht es Richtung Biarritz. Paris war ein wunderschöner Auftakt, doch nun freue ich mich darauf, das Meer endlich zu sehen, zu hören und zu riechen.

Collage gestaltet aus während Aufenthalt gesammelten Fundstücken
Collage gestaltet aus während Aufenthalt gesammelten Fundstücken

Der Atlantik begrüsst mich – Biarritz

Nach Paris kann ich es kaum erwarten, den Atlantik endlich zu sehen – und zu spüren. Als der Zug in Biarritz einfährt, ist die Luft jedoch noch nicht anders. Es regnet. Und der Bahnhof ist eine kurze Busfahrt von der Küste entfernt. Doch dann ist es soweit: Frischer, salziger Wind erwartet mich. Der Regen lässt nach, das Rauschen des Meeres dringt an mein Ohr. Juhee! Geschafft. Ich setze mich mal in ein Bistro, orientiere mich und trinke ein Glas Weisswein. Auch gut. Da bin ich also nun. Die Stadt begrüsst mich mit einem seltsamen Mix aus Eleganz und Ungezwungenheit. Das ist schon vom Dorfplatz aus zu sehen. Auf der einen Seite die Belle Époque-Gebäude, auf der anderen das wilde Rauschen der Wellen.

Ich suche mein Hotel mit dem sinnigen Namen “Hotel Alfred”. So gefällt mir der Name eigentlich noch. Auch wie ihn die Franzosen aussprechen. Es wundert mich jedoch nicht, ist auch dieses Hotel von einer etwas in Jahre gekommenen Eleganz. Aber durchaus sympathisch. Und mein Aufenthalt hat all das mehr als bestätigt. Sehr zu empfehlen. Dieses Hotel Alfred. Noch am ersten Abend führte mich natürlich mein Weg hinunter zur Grande Plage, die sich vor dem majestätischen Casino ausbreitet. Einfach mal sein, aufs Meer schauen. Wunderbar! 

Der nächste Tag empfängt mich windig, kühl. Zum Glück bin ich entsprechend ausgerüstet und starte eine Wanderung den Stränden und der Küste entlang rund um Biarritz. Tut das gut! Die Weite des Ozeans öffnet sich vor mir, endlos, kraftvoll. Die Wellen brechen mit einer Energie, die körperlich spürbar ist, und ich bleibe stehen, um alles aufzusaugen – den Wind, das Licht, den Geruch. Es ist genau das, was ich suche.

Am Nachmittag erkunde ich die Stadt. Biarritz hat zwei Gesichter, fast wie zwei Seelen. Die eleganten Fassaden der Belle Époque erinnern an die Zeit, als hier Kaiserinnen und Könige flanierten. Napoleon III. und seine Frau Eugénie machen Biarritz im 19. Jahrhundert zu einem mondänen Kurort. Doch dann, irgendwann im 20. Jahrhundert, kommen die Surfer. Die wilde Küste und die perfekten Wellen verwandeln Biarritz in das Surf-Mekka Europas. Heute mischen sich Designerläden mit Surfshops, und elegante Cafés teilen sich die Strassen mit Strandbars. Dieser Kontrast ist seltsam, aber faszinierend. Da die Strandbars geschlossen sind, zieht es mich in den alten Hafen. Hier finde ich eine Buvette. Und bleibe sitzen, mit dem Blick aufs Meer und doch geschützt vor dem Wind. Cidre oder Weisswein? Ein kleines Häppchen aus der Küche? Ich habe gleich alles probiert. Zum Glück! 

Später am Abend gehe ich noch einmal an den Strand. Der Wind ist stärker geworden, und die Wellen scheinen fast zu leuchten im Licht der Strassenlaternen. Eine Beobachtung, die mich noch weiter begleiten wird. Ich setze mich auf eine Bank und lasse den Tag Revue passieren. Paris ist ein wunderschöner Auftakt gewesen, aber hier, in Biarritz, habe ich das Gefühl, wirklich angekommen zu sein – auf meiner Reise, in der Gegenwart des Atlantiks.

Im Hafen fiel mir übrigens noch eine schöne Geschichte zu. Ich habe sie in meine Collage zum Ort aufgenommen. Die geht so: “Als ein Schiff mit Seefahrern strandete, die sich Biarrins nannten, nahm das Fischermädchen Miarritze sie auf. Sie wurde die Frau des Anführers (so ging das halt früher) und der heutige Name der schönen Stadt am Atlantik war geboren: Biarritz.”

Biarritz ist also meine erste Station am Atlantik und im Baskenland. Ich habe baskisch immer mit rebellisch verbunden. Von dem empfinde ich hier wenig. Vielleicht dann in San Sebastian?

Schreiben mit Blick aufs Meer

Ich bin im Moment in Las Palmas auf Cran Canaria, eine der Kanarischen Inseln. Ich werde in den nächsten Wochen weitere Inseln besuchen und erkunden. Dies ist auch eine Fortsetzung der Reise, deren Fortgang die Pandemie im Jahr 2020 gestoppt hat. Ich besuche Bekanntes und will Neues entdecken. Davon werde ich in meinen Reiseblogs berichten. 

Im Moment bin ich daran, die ersten Etappen meiner Reise etwas aufzuarbeiten und zu verarbeiten. Auch, um natürlich immer wieder etwas dazu zu lernen!

Ich habe mich darum (als Alleinreisender, als digitaler Nomade) mit Chatgpt als Sparring- und Lernpartner verbündet. Nicht dass die KI meine Geschichte schreibt. Aber sie gibt mir Feedback zu Texten, bringt Ideen ein. Auch Sachen, die ich nicht mehr so genau weiss, oder zu wenig genau nachgefragt habe, kann ich durch die KI klären. Und in meine Story aufnehmen. Oder eben nicht. Spannend finde ich das Experiment, die KI aus meinen Collagen zu den Orten Erkenntnisse rausziehen zu lassen. Ich liebe es, zu bereisten Orten Fundstücke zu sammeln. Das sind Flyer, Bierdeckel, Servietten, Tickets, Touristenkarten, Postkarten und vieles mehr. Ich verarbeite diese Materialien dann im Nachgang, in einer Art Review zu Collagen, die ich in mein Notiz- und Reisejournal klebe. Was sieht also die KI in meinen Bildern? Wie bringt sie meine gestalterische Interpretation mit ihrem Wissen zusammen? Wirklich spannend! Ein Austausch, eine Kooperation entsteht.  Und zu guter Letzt finde ich es faszinierend, die KI als Lernende mitwirken zu lassen. Im Dialog. Im Dialog mit ihr zum Beispiel unsere Schreibstile zu hinterfragen. Meinen zu verfeinern. Ob sie sich ihn sogar zu eigen machen kann? Will ich das überhaupt? Vielleicht als Experiment. Wir werden sehen. 

Darum: Fortsetzung folgt. Vielen Dank für dein Interesse. Bis bald.